
Urheber dieses Lexikons ist die Reformhaus Fachakademie. Inhaltliche Abweichungen zu den EDEN Produktinformationen sind daher grundsätzlich möglich.
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Folsäure
Das Vitamin Folsäure wurde im Jahre 1930 entdeckt
und kennzeichnet eine Gruppe von Verbindungen mit ähnlichen chemischen
Eigenschaften. Die Folsäure wird von der dge als kritisches Vitamin
eingestuft. Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung erreicht nicht die
wünschenswerte Zufuhrmenge.
Folsäureverbindungen:
Folsäure (Pteroylmonoglutaminsäure oder PGA) besteht aus einem Pteridinring und
para-Aminobenzoesäure, an deren Carboxylende (= COOH) ein
Glutaminsäuremolekül gebunden ist. Sie ist die stabilste Form des
Vitamins und wird nahezu vollständig (> 90 %) aufgenommen.
Da
der Begriff Folsäure heute nur noch in Bezug auf die synthetische
Vitaminform verwendet wird, sind Begriffe wie “Folsäurebedarf, -mangel
oder –versorgung“ offiziell nicht mehr korrekt.
Folate:
Unter dieser Bezeichnung werden alle Verbindungen mit Vitaminwirkung in
der üblichen Nahrung zusammengefasst. Bei den Folaten können sechs
weitere Glutamatreste an das Grundmolekül gebunden sein.
Empfohlene Mengen pro Tag in µg Folat-Äquivalentea:
Berechnet nach der Summe folatwirksamer Verbindungen in der üblichen Nahrung (Folat-Äquivalente (a))
Altersgruppe |
Menge |
Altersgruppe |
Menge |
Säuglinge (b) | Jugendliche und Erwachsene |
||
0 – 4 Monate |
15 – 19 Jahre
(c) |
300 |
|
4 – 12 Monate |
19 – 25 Jahre (c) | 300 |
|
Kinder |
25 – 51 Jahre (c) | 300 |
|
1 – 4 Jahre |
120 |
51 – 65 Jahre |
300 |
4 – 7 Jahre |
140 |
>65 Jahre |
300 |
7 – 10 Jahre |
180 |
||
10 – 13 Jahre |
240 |
Stillende |
450 |
13 – 15 Jahre |
300 |
Schwangere |
550 |
a Mit dem Begriff “Folat-Äquivalente“ wurde der unterschiedlichen Aufnahme der verschiedenen Folsäureverbindungen Rechnung getragen. Für die empfohlene Tagesmenge hat die dge die amerikanischen Empfehlungen übernommen: 1µg Folat-Äquivalent = 1µg Nahrungsfolat = 0,5 µg synthetische Folsäure (PGA)
b Hierbei handelt es sich um Schätzwerte für gestillte Säuglinge.
c Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, sollten zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung 400 µg synthetische Folsäure pro Tag in Form eines Präparats einnehmen, um Neuralrohrdefekten vorzubeugen. Diese zusätzliche Einnahme eines Folsäurepräparats sollte spätestens 4 Wochen vor Beginn der Schwangerschaft anfangen und während des 1. Drittels der Schwangerschaft beibehalten werden.
Empfindlichkeit und Verfügbarkeit der Folsäureverbindungen:
Folsäureverbindungen sind wasserlöslich, lichtempfindlich und hitzelabil. Dabei bestehen allerdings deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Derivaten.
Das in den Lebensmitteln enthaltene Folat liegt als Pteroylmonoglutamat und als Pteroylpolyglutamat vor. Während die Monoglutamate nahezu vollständig aufgenommen werden, sind die Polyglutamate zu ca. 50 % verfügbar, da sie in der Mehrzahl vor der Aufnahme enzymatisch zu Monoglutamaten abgebaut werden müssen. Innerhalb der verschiedenen Lebensmittel können beachtliche Schwankungen im Mono-/Polyglutamat – Verhältnis auftreten. Aus den gegenwärtigen Verzehrsgewohnheiten ergibt sich ein mittleres Mono-Polyglutamat-Verhältnis von 50:50. Bei bestimmten Herstellungs- und Zubereitungsverfahren muss für Monoglutamate mit einem Verlust von bis zu 70 % und für Polyglutamate mit einem Verlust um 50 % gerechnet werden. Allerdings stammen insgesamt 60 % des gesamten Folatverbrauchs aus Lebensmitteln, die ohne weitere Zubereitung verzehrt werden.
Speicherung der Folsäure:
Vom gesamten Folsäuredepot (10 - 100 mg) im Körper werden zwischen 3 und 16 mg in der Leber gespeichert. Sie ist Hauptstoffwechsel- und Hauptspeicherorgan von Folat. So kann auch bei einer unzureichenden Zufuhr die physiologisch notwendige Blutkonzentration über rund 4 Wochen gewährleistet werden.
Wirkungen im Körper:
Folsäure ist als Coenzym für die Übertragung bestimmter chemischer Gruppen (Formiat-, Formyl-, Hydroxymethyl- und Methylreste) verantwortlich so z. B.:
- im Eiweißstoffwechsel – folsäurehaltige Coenzyme spielen eine zentrale Rolle bei der Aminosäurenumwandlung sowie beim Aufbau von Funktions- und Strukturproteinen.
- bei der Embryonalentwicklung spielt Folsäure eine besonders wichtige Rolle in der Entwicklung des Zentralnervensystems. Rechtzeitige Folsäuregabe (siehe Empfehlungen) kann die Entstehung eines Neuralrohrdefektes zu einem Großteil verhindern. Ein Neuralrohrdefekt führt zu schweren Mißbildungen des Fötus.
- bei der Zellteilung – folsäurehaltige Coenzyme spielen eine zentrale Rolle beim
Zellwachstum im gesamten Körper. Betroffen sind alle schnell wachsende
Gewebe wie rote und weiße Blutzellen, die Zellen der Darmschleimhaut,
des Atemapparates und im Nieren- und Blasengewebe.
Genetische Unterschiede im Folsäurebedarf:
Genetische Unterschiede – so genannte Polymorphismen – im Folatstoffwechsel konnten in den letzten Jahren identifiziert werden. Diese können sich auf den Bedarf und die Anfälligkeit für Mangelzustände auswirken. Vor allem ein Polymorphismus in einem der wichtigsten Enzyme des Folatstoffwechsels (Methylentetrahydrofolat-Reduktase) kann zu einem höheren Bedarf führen und bei Frauen die Anfälligkeit für einen Neuralrohrdefekt ihres Babys erhöhen. Die Häufigkeit dieses Genotyps wird wie folgt angegeben:
- Lateinamerika: 15 – 35 %
- Nordeuropa: 6 – 14 %
- Südeuropa: 15 – 24 %
Mangelerscheinungen:
Folsäuremangel gehört in latenter (verborgener) wie in manifester Form zu den häufigsten Vitaminmangelzuständen. In den Industrieländern ist Folsäure das Vitamin, bei dem am häufigsten ein Mangel auftritt.
Die Folgen des Folsäuremangels äußern sich in:
- Appetitmangel, Brennen und Schmerzhaftigkeit der Zunge, Durchfälle, Übelkeit mit Erbrechen und erhöhter Körpertemperatur (Frühsymptome)
- Verändertes Blutbild (makrocytäre Anämie); Zurückbildung des Lymphsystems mit resultierender
- Immunschwäche, Schleimhautveränderungen in der Mundhöhle und im Darm mit Durchfällen und
- Resorptionsstörungen
- Erhöhtem Homocysteinspiegel
Faktoren, die Mangelerscheinungen begünstigen sind:
- Hoher Alkoholkonsum (Beeinträchtigung der Aufnahme und Störung der Umwandlung in die aktive Form)
- Einnahme bestimmter Medikamente wie z. B. Antikonvulsiva (krampfhemmende Mittel), darmwirksame Sulfonamide und Antibiotika, Antiepileptika, Zytostatika (Aminopterin, Methotrexat), Antimalariamittel, Aspirin, orale Kontrazeptiva (Pille)
- Erhöhter Bedarf besonders in Schwangerschaft und Stillzeit
- Magen-Darm-Erkrankungen mit Resorptionsstörungen
- Mangel an anderen Vitaminen – Vitamin C-Mangel (führt zu rascher Entleerung der Folsäurespeicher), Vitamin B12 Mangel.
- Rauchen senkt den Folsäurespiegel im Gewebe
- Unzureichende Zufuhr mit der Nahrung
Versorgung der Bevölkerung:
Folsäure gehört zu den kritischen Vitaminen, d.h. im Schnitt liegt die Versorgung bei einem großen Teil der Bevölkerung unterhalb der empfohlenen Referenzwerte. Folgende Zahlen auf der Basis von Daten der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II, 2005- 2006) 6 sind publiziert:
Mediane Zufuhr von Folat-Äquivalenten in Deutschland
- bei Männern von 14 bis 80 Jahren bei 207 µg pro Tag
- bei Frauen von 14 – 80 Jahren bei 184 µg pro Tag
Laut EsKiMo-Studie (Ernährungsmodul des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys, KiGGS - Studie) betrug die mediane Zufuhr auf der Basis von Verzehrprotokollen in Folat-Äquivalente pro Tag bei
- 6 - 11-jährigen Jungen 204 µg pro Tag
- 6 - 11-jährigen Mädchen 190 µg pro Tag
Prävention und Therapie mit Folsäure:
Eine präventive und therapeutische Gabe von Folsäure ist bei allen oben genannten Faktoren, die einen Folsäuremangel begünstigen können, angezeigt. Im Vordergrund der präventiven Gabe steht eindeutig die Verhinderung des Neuralrohrdefektes.
Überdosierung:
Unerwünschte gesundheitliche Wirkungen durch natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommende Folate wurden bisher nicht festgestellt.
Eine übermäßige Zufuhr von Folsäure oder anderen synthetischen Folatverbindungen (wie z. B. Calcium-L-Methylfolat) ist in der Praxis möglich. Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU beziffert die obere Grenze für die Gesamtzufuhr (tolerable upper intake level) auf 1000 µg pro Tag für Erwachsene. Für Kinder und Jugendliche liegt die obere Grenze im Alter von 1 – 17 Jahren bei 200 – 800 µg/Tag.
Folsäurereiche Lebensmittel:
Folate in Lebensmitteln sind empfindlich gegenüber Hitze und Licht. Sie sind wasserlöslich. Deutliche Unterschiede bestehen zwischen den verschiedenen Verbindungen. Im Mittel betragen die Zubereitungsverluste etwa 35 %.
Tierische
Lebensmittel in µg Folsäure/100 g |
|||
Fleisch- Wurstwaren, Innereien |
Fischprodukte |
||
Rinderleber |
592 |
Lachs |
20 |
Hühnerleber |
380 |
Hummer |
17 |
Kalbsleber |
270 |
Thunfisch |
15 |
Schweineleber |
136 |
Aal |
13 |
Eier/
Milch- und Milchprodukte |
Tierische Fette und Öle |
||
Eier |
67 |
Keine
nennenswerten Mengen |
|
Käse |
4,3 - 66 |
||
Kuhmilch (3,5 % Fett) |
6,7 |
||
Sahne (30 % Fett) |
4,0 |
Pflanzliche
Lebensmittel in µg Folsäure/100 g |
|||
Getreideprodukte |
Gemüse/Salat |
||
Weizenkeime |
520 |
Grünkohl |
187 |
Weizenkleie |
195 |
Feldsalat |
145 |
Roggenkorn |
143 |
Spinat |
145 |
Weizenkorn |
136 |
Petersilie |
149 |
Haferflocken |
87 |
Brokkoli |
114 |
Reis (unpoliert) |
16 |
Endiviensalat |
109 |
Hülsenfrüchte |
Spargel |
108 |
|
Kichererbsen |
340 |
Lauch |
103 |
Sojabohne |
240 |
Rosenkohl |
101 |
Bohnen (weiß) |
187 |
Fenchel |
100 |
Erbsen |
151 |
Wirsingkohl |
90 |
Hefe (aufgeschlossen) | Blumenkohl |
88 |
|
Vollhefe flüssig |
200 |
Chinakohl |
66 |
Hefeflocken |
2.000-5.000 |
Kopfsalat |
59 |
Obst |
Nüsse und Samen | ||
Süßkirsche |
52 |
Erdnüsse |
169 |
Erdbeere |
43 |
Walnüsse |
77 |
Mango |
36 |
Haselnüsse |
71 |
Honigmelone |
30 |
Pistazien |
56 |
Avocado |
30 |
Mandeln |
45 |
Apfelsine |
29 |
Paranüsse |
39 |
Keime und Sprossen |
Pflanzliche Fette und Öle |
||
Sojasprossen |
160 |
Keine
nennenswerten Mengen |
|
Erbsensprossen |
92 |
||
Linsensprossen |
84 |
||
Mungbohnenspross |
36 |
Quelle: Souci-Fachmann-Kraut: Die Zusammensetzung der Lebensmittel Nährwert-Tabellen; medpharm Scientific Publishers Stuttgart
Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel und in angereicherten Lebensmitteln:
In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist eine Vielzahl folsäureangereicherter Lebensmittel auf dem Markt wie zum Beispiel Speisesalz (100 µg/g) und Diät-Margarine (100 µg/10g)
Die Anreicherung von Lebensmitteln mit Folsäure ist auf dem europäischen Markt auf der Basis der EG-Verordnung Nr. 1925/2006 geregelt.
In den Dietary Reference Intakes für Kanada und die USA wird noch berücksichtigt, ob Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel auf nüchternen Magen oder zusammen mit anderen Lebensmitteln verzehrt wird. Wird sie nicht isoliert sondern im Verbund mit Lebensmitteln verzehrt, ist sie nur zur Hälfte bioverfügbar.
Literatur
- Brönstrup, A.: Folat und Folsäure – Herausforderungen für die Praxis; Ernährungs-Umschau
- D-A-Ch – Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr; Umschau/Braus Verlag
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